Demenz und kognitive Dysfunktion

Prof. Dr. A. Hufnagel

Was versteht man unter einer Demenz?

Bei einer Demenz kommt es zu einem Abbau geistiger Fähigkeiten mit Nachlassen des Gedächtnisses sowie anderer Leistungsbereiche des Gehirns, die zu einer Beeinträchtigung im Alltag führen. Demenz-Syndrome können bei einer Vielzahl von Erkrankungen auftreten. Eine Klärung der Ursache ist wichtig, um behandelbare und damit möglicherweise rückbildungsfähige Formen nicht zu übersehen. Die Demenz  entwickelt sich häufig über Vorstufen, die unter dem Begriff „Mild Cognitive Impairment “ (MCI), also der „milden geistigen Beeinträchtigung“  oder auch kognitiver Dysfunktion zusammengefasst werden, solange noch keine Beeinträchtigung des Alltags vorhanden ist.

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Wie verläuft eine Demenz?

Im Verlauf kommt es dann zu merklichen Gedächtnisstörungen, die vor allem die jüngste Vergangenheit betreffen. Es kann zu gestörter zeitlicher oder örtlicher Orientierung  kommen. So werden Dinge mehrfach verlegt oder früher selbstverständliche Aktionen wiederholt vergessen (z.B. Offenlassen der Kühlschranktür, Anlassen der Herdplatte, Nichtabschließens des Autos, Verlaufen auf bekannten Wegen). Die Bearbeitung komplexer Probleme fällt den Patienten schwer.  Bei einem weiteren Fortschreiten der dementiellen Entwicklung ist das Behalten neuer Inhalte  nicht mehr möglich. Die Merkspanne, also das Einprägen von Sachverhalten oder Vorgängen oder Erlebnissen für eine gewisse Zeit, wird immer kürzer und beträgt zum Schluss nur noch wenige Minuten oder Sekunden. Dies führt dazu, dass der Patient immer wieder dasselbe erzählt oder das gleiche fragt. Die zeitliche Orientierung schwindet komplett, die örtliche Orientierung ist nur noch teilweise vorhanden. Das Urteilsvermögen ist zunehmend beeinträchtigt. Außerhalb des eigenen Haushalts kommen diese Menschen nicht mehr zurecht. Es entwickelt sich eine zunehmende Hilfsbedürftigkeit, die vom Betroffenen oft nicht richtig eingeschätzt wird. So sind viele Demenzkranke lange überzeugt, dass ihre Alltagsfähigkeit nicht eingeschränkt ist und sie über eine normale geistige Leistungsfähigkeit verfügen. Schreitet die dementielle Entwicklung weiter fort, sind die Patienten nur noch zur eigenen Person orientiert. Das Gedächtnis ist nur noch in Fragmenten vorhanden. Bei diesem Schweregrad ist nahezu immer eine vollständige Pflegebedürftigkeit festzustellen. Oft besteht auch eine Inkontinenz.     

 Welche Demenzerkrankungen gibt es?

Prinzipiell werden primär-degenerative und symptomatische Demenzen unterschieden. Zu den primär degenerativen Demenzen, bei denen es ohne andere verursachende Erkrankung zu einem Hirnabbau kommt, gehören die Alzheimer-Demenz, die Demenz mit Lewy-Körperchen sowie fronto-temporale Lobärdegenerationen, also Abbauerkrankungen, die das Stirnhirn betreffen. Symptomatische Demenzen können auftreten bei Hirngefäßerkrankungen, Tumoren oder Entzündungen im Gehirn, Störungen des Stoffwechsels, durch Medikamente, Gifte und chronischen Alkoholgebrauch oder andere Suchtmittel.  


Primär degenerative Demenzen

Abbildung 1

Abbildung 1

Alzheimer-Demenz

Die Alzheimer Demenz beginnt meist um das 65. Lebensjahr. Typischerweise kommt es zu einem schleichenden Beginn mit kontinuierlichem Fortschreiten der Symptome, wobei auch Zeiten ohne Verschlechterung vorkommen. Die ersten Anzeichen können häufig vom Patienten noch gut verborgen werden. Der Patient hat „eine gute Fassade“. Erst bei gezieltem Befragen des Patienten fallen z.B. die schon bestehenden Orientierungslücken auf. Die Störungen des Gedächtnisses, die anfangs vom Patienten oft noch mit einleuchtend erscheinenden Begründungen erläutert werden („habe die Herdplatte angelassen, da gerade das Telefon klingelte“), werden im Verlauf oft begleitet von anderen Symptomen wie Depression, Schlafstörungen, Inkontinenz (Blasenschwäche), Wahn, Halluzinationen, Gewichtsabnahme, Erregungszuständen, sexuellen Störungen oder einer Gangstörung. In der Schichtaufnahme des Gehirns zeigt sich ein fortschreitender Abbau des Gehirns, besonders ist der Schläfenlappen betroffen. EEG und Liquor (Nervenwasser) sind normal.   

Abbildung 1: Computertomographie des Kopfes. Oben Normalperson. Unten: Gehirn eines Alzheimer-Patienten mit Ausweitung der Liquorräume und Verschmächtigung der Gehirnsubstanz


Demenz mit Lewy-Körperchen

Es kommt zu einer Demenz, bei der besonders zu Beginn die Aufmerksamkeit, Handlungskompetenz und visuell-räumliche Leistungen betroffen sind. Die Gedächtnisstörung steht anfangs nicht im Vordergrund. Typisch für die Lewy-Körper-Demenz ist, dass es zu einer wechselnden Aufmerksamkeit und Wachheit der Patienten kommt (erst wach, plötzlich nicht ansprechbar und benebelt wirkend), optische Halluzinationen (Sehen von Gegenständen, Formen oder Farben, die nicht da sind) auftreten und die Patienten zusätzlich unter Parkinson-Symptomen, wie Zittern, Steifigkeit der Muskulatur und Gangstörung leiden. Oft bestehen bei dieser Demenzform Verhaltensstörungen  in der REM-Phase (Traumschlaf).


Fronto-temporale Demenzen

Die Gruppe der fronto-temporalen Demenzen, also der Demenzen mit Betroffensein von Stirn- und Schläfenlappen, besteht aus mehreren Unterformen, von denen die sogenannte Verhaltensvariante gekennzeichnet ist durch eine fortschreitende Verschlechterung von Verhalten und/oder Gedächtnis. Zusätzlich müssen mindestens drei der folgenden Symptome auftreten: enthemmtes Verhalten, Apathie oder Passivität, Verlust von Mitgefühl oder Einfühlungsvermögen, stereotypes oder ritualisiertes/zwanghaftes Verhalten, Veränderung der Ernährung (Essattacken, in den Mund nehmen von nicht essbaren Dingen). Eine andere Unterform ist die primär progrediente Aphasie, also der fortschreitende Verlust der Sprache, der schließlich zu einer Einschränkung im Alltag führt.


Symptomatische Demenzen

Vaskuläre = gefäßbedingte Demenzen
Diese Demenzerkrankung stellt unter den symptomatischen Demenzen die größte Gruppe dar. Es existieren drei wesentliche Hypothesen, wie es zu einer vaskulären=durchblutungsbedingten Demenz kommt.

  • Die Summationstheorie: mehrere große Schlaganfälle führen zum Untergang einer kritischen Gewebemasse des Gehirns.

  • Strategischer Infarkt: es kommt zu einem Schlaganfall in einem strategisch wichtigen Hirnareal, so dass die Verbindung zu anderen Hirnarealen unterbrochen oder gestört ist.

  • Theorie der diffusen Schädigung: viele kleine verstreute Läsionen zerstören eine kritische Gewebemasse, z.B. bei der sogenannten SAE (subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie).

Abbildung 2

Abbildung 2

Abbildung 2:  Demenzentwicklung bei SAE (Subcortikaler Arteriosklerotischer Encephalopathie), MRT des Kopfes mit leichtgradiger SAE

 

Vorbeugend vor einer durchblutungsbedingten Demenz ist die Verhinderung von Schlaganfällen durch konsequente Kontrolle und Behandlung von Gefäßrisikofaktoren (z.B. Bluthochdruck, Diabetes, hohes Cholesterin, Rauchen). Falls es zu einem Schlaganfall gekommen ist, muss dieser optimal behandelt werden.

 

Andere symptomatische Demenzerkrankungen

Es gibt mehr als 30 weitere Ursachen für symptomatische Demenzen.  
Im Folgenden werden einige aufgelistet:

  • Sog. Normaldruckhydrozephalus (Aufstau von Nervenwasser)

  • Stoffwechselstörungen der Schilddrüse

  • Nierenerkrankungen

  • Leberfunktionsstörungen

  • Multiple Sklerose

  • Entzündungen durch Tuberkulose, Borrelien, HIV, Lues

  • Folgen von Schädel-Hirn-Verletzungen

  • Hirntumoren oder Metastasen von anderen Tumoren

  • Kohlenmonoxid- oder Schwermetallvergiftungen

  • Chronischer Alkoholkonsum und andere Suchtmittel

Eine Sonderform ist der Aufstau von Nervenwasser im Gehirn, der sogenannte Normaldruckhydrocephalus. Dieser führt zu Gangstörungen, Inkontinenz und einer Demenz. Die Therapie besteht in der Dränage von Nervenwasser, entweder durch wiederholte Entnahmen durch Punktionen mit einer Kanüle aus dem Bereich der Lendenwirbelsäule oder durch Anlage eines Ventils mit Ablauf (Shunt).


Wer ist von Demenzerkrankungen betroffen?

Demenzerkrankungen nehmen mit steigendem Lebensalter zu. Einen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt es wahrscheinlich nicht.


Wie diagnostiziert man eine Demenz am besten?

Neben einer ausführlichen Erhebung der Krankengeschichte vom Patienten selbst und auch von einem Angehörigen, findet eine gründliche neurologische und psychiatrische Untersuchung statt. An Zusatzuntersuchungen werden Tests zur Einschätzung u.a. der Merkfähigkeit, der Verarbeitungsgeschwindigkeit oder auch der Orientierung durchgeführt. Das EEG und eine Ultraschalluntersuchung der  Hals- und Hirngefäße geben Aufschluss darüber, ob ein umschriebener Prozess im Gehirn vorliegt und ob die Durchblutung des Gehirns normal ist. Die evozierten Potentiale lassen erkennen, ob und in welchem Ausmaß Nervenbahnen für Sehen, Hören, Gleichgewicht und Empfindung mitbetroffen sind. Zusätzlich werden bestimmte Laborwerte überprüft und bei der Stellung der Erstdiagnose eventuell eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquor cerebrospinalis) durchgeführt. Eine Kernspintomographie des Kopfes ist ebenfalls notwendig zur Ursachenklärung und kann, falls noch nicht vorhanden, in einer radiologischen Praxis von uns in Auftrag gegeben werden.

Abbildung 3

Abbildung 3

Abbildung 3: Ableitung eines EEG in der Praxis von Prof.  Dr. A. Hufnagel

Wie behandelt man eine Demenz am besten?

Zunächst muss nach einer Ursache gesucht werden, die falls vorhanden, dann auch spezifisch behandelt werden kann. Gibt es keine zugrundeliegende symptomatische Ursache der Demenz, die bei Behandlung zu einem Rückgang der Demenzsymptome führt, besteht die Möglichkeit, spezifische Medikamente einzusetzen, die die Gedächtnisleistung verbessern und Symptome wie Unruhe oder Schlafstörungen verbessern können.  Zur Verfügung stehen hier Medikamente, die spezifische Botenstoffe im Gehirn stärken oder hemmen. Welches Medikament oder welche Medikamentenkombination für Sie in Frage kommt, hängt neben Ihren Wünschen und Bedürfnissen u.a. von der Art, Schwere und Ausprägung Ihrer Erkrankung, den Begleiterkrankungen und bereits eingenommenen Medikamenten ab. Eine Beratung über die verfügbare Medikation erhalten Sie in der Praxis von Prof. Dr. A. Hufnagel.

Nicht medikamentös kann mittels kognitivem Training (Hirnleistungstraining) behandelt werden, um vorhandene Defizite zu stabilisieren und evtl. auch die geistige Leistungsfähigkeit zu verbessern.

Abbildung 4

Abbildung 4

Abbildung 4: Kognitives Training (Gehirnleistungstraining) z.B. bei Demenz durch Psychologinnen in der Praxis Prof. Dr. A. Hufnagel

Eine Wirksamkeit wurde auch für die Gleichstromstimulation des Gehirns (TDCS) möglichst noch in Verbindung mit dem kognitiven Training in Studien belegt.

Abbildung 5

Abbildung 5

Abbildung 5: TDCS (Gleichstromstimulation des Gehirns) über 2 Elektroden

Bei Symptomen am Bewegungsapparat oder bei Störungen des Gleichgewichts ist eine physiotherapeutische Behandlung Teil der Therapie. Sie fördert die Beweglichkeit und beugt  Stürzen vor.
Auch psychisch stützende Maßnahmen wie die Gesprächstherapie können bei Bedarf angewendet werden.


Welche Möglichkeiten zur Diagnostik und Behandlung bestehen in der Praxis von Prof. Dr. Hufnagel?

In der Praxis von Prof. Dr. Hufnagel stehen alle Möglichkeiten zur klinischen, laborchemischen und elektrophysiologischen Untersuchung aller Formen von Demenz zur Verfügung. Somit kann eine exakte und sachgerechte Diagnose in den meisten Fällen sofort gestellt werden. Danach können unmittelbar therapeutische Maßnahmen in Form von kognitivem Training, medikamentöser Therapie und ggf. Physiotherapie oder Psychotherapie eingeleitet werden. Somit sind alle Therapieformen innerhalb der Praxis durchführbar.


Welche Unterlagen soll ich zu einer ambulanten Untersuchung mitbringen?

Neben wichtigen Arztbriefen und Ergebnissen über bereits durchgeführte Untersuchungen sind möglichst auch die Ergebnisse bisher erfolgter technischer Untersuchungen oder Kernspintomographien des Kopfes als Bildausdrucke oder CD  mitzubringen. Mehr Informationen unter Tel: 0211-87638480